Verbrauchertipps & NeWs aus BANKRECHT, KAPITAlANLAGE- und INSOLVEnzrecht


Ab sofort: Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre

Wer jetzt einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt, kann bereits drei Jahre nach Eröffnung des Verfahrens schuldenfrei sein. Während die EU-Richtlinie eine Verkürzung auf drei Jahre nur für unternehmerisch Tätige fordert, gilt die Verkürzung gemäß der Ende 2020 verabschiedeten Änderung der Insolvenzordnung auch für Verbraucher und Selbständige. Mit Rücksicht auf die Folgen der Corona-Pandemie will der Gesetzgeber dem redlichen Schuldner so schneller einen Neuanfang ermöglichen.

 

Allerdings ist nicht sicher, ob es dauerhaft bei dem verkürzten Restschuldbefreiungsverfahren bleibt. In der Neuregelung der Insolvenzverordnung ist nämlich vorgesehen, dass die Bundesregierung dem Bundestag Bericht zu erstatten hat, inwieweit sich die Neuregelung als praktikabel erweist. Möglicherweise werden nach dem 30.06.2024 erneut Änderungen vorgenommen.

 

Zahlungsunfähigen Schuldnern ist deshalb zu raten, mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht allzu lange zu zögern.


Keine neue Widerrufsmöglichkeit bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen

Der EuGH hat zwar mit Urteil vom 26.3.2020 entschieden, dass eine Widerrufsinformation, nach der die Frist für den Widerruf erst beginnen soll, „nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“ erhalten hat, nicht klar und verständlich sei. Dieser sogenannte „Kaskadenverweis“ widerspreche daher den EU-Richtlinien mit der Folge, dass die Widerrufsfrist auch bei grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen nicht zu laufen begonnen habe.

 

Das sieht der BGH allerdings anders:

 

Er hat mit Beschluss vom 31.3.2020, XI ZR 581/18 – unter Bezugnahme auf eben dieses EuGH-Urteil - klargestellt, dass die EU-Richtlinie auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge keine Anwendung finde. Daher sei für die Beurteilung der Frage, ob die streitgegenständliche Widerrufsinformation klar und verständlich sei, allein die deutsche Gerichtsbarkeit zuständig. 

 

Als oberste Instanz in Zivilverfahren hat der BGH jedoch bereits mit Urteil vom 22.11.2016, XI ZR 434/15, festgestellt, dass eine Widerrufinformation, die den Beginn der Widerrufsfrist an den Erhalt der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB knüpft für einen „normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher“ klar und verständlich sei. Dabei bleibt er.


Neues vom EuGH

Neue Widerrufsmöglichkeiten bei Anschlusszinsvereinbarungen

Bisher hat der BGH die Auffassung vertreten, dass ein Widerrufsrecht nur dann bestehe, wenn dem Darlehensnehmer ein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird. Dementsprechend hat er ein Widerrufsrecht bei einer bloßen Konditionenanpassung verneint - selbst wenn eine Widerrufsbelehrung/Widerrufsinformation erteilt worden ist.  

 

Der EuGH (so die Schlussanträge vom 12.3.2020 in der Rechtssache C-639/18 betreffend die Sparkasse Südostholstein) sieht das ganz offensichtlich anders:

 

Gemäß EuGH-Recht muss auch beim Abschluss von Anschlusszinsvereinbarungen ein Widerrufsrecht eingeräumt werden, wenn die Anschlusszinsvereinbarung ausschließlich unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist. 

 

Eine nach dem 11.6.2010 getroffene Anschlusszinsvereinbarung, die nicht durch persönlichen Kontakt, sondern ausschließlich unter Einsatz von Telefon, Post, E-Mail oder Fax zustande gekommen ist, ist daher grundsätzlich widerrufbar. Und zwar immer dann, wenn für die Anschlusszinsvereinbarung entweder gar keine Widerrufsbelehrung erteilt worden ist oder aber die erteilte Widerrufsbelehrung Fehler aufweist.


Bausparverträge

Bonusprämie bei langjährigen Bausparverträgen gefährdet

Nachdem der BGH entschieden hat, dass Bausparverträge erst zehn Jahre nach Zuteilungsreife gekündigt werden können, wird Bausparern allgemein geraten, den Vertrag bis dahin einfach weiterzubesparen. Wenn die Bausparkasse dann nach Ablauf von zehn Jahren kündigt, erhält der Bausparer jedoch häufig nur sein Bausparguthaben ausgezahlt, aber nicht die vertraglich vereinbarten Bonuszinsen.

 

In den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) ist nämlich durchweg vorgesehen, dass Bonuszinsen nur dann gewährt werden, wenn der Bausparer auf das ihm zugeteilte Bauspardarlehen verzichtet hat.

 

Einige Bausparkassen, so u. a. die BSQ Bauspar AG und die Aachener Bausparkasse AG, vertreten nun die Auffassung, dass ein Verzicht auf das Bauspardarlehen nach Kündigung des Bausparvertrags nicht mehr möglich ist und verweigern die Zahlung der Bonuszinsen. Es gibt allerdings inzwischen Gerichte, die in dem Verlangen einer Verzichtserklärung nach Kündigung eine überflüssige Formalie sehen.

 

Das gleiche Problem haben auch jene Bausparer, die ihren Bausparvertrag voll bespart haben und denen aus diesem Grunde gekündigt wurde. Nach BGH-Rechtsprechung ist die Bausparkasse dazu berechtigt, sobald die Sparleistung die Höhe der Bausparsumme erreicht hat.

 

Hier argumentieren die Bausparkassen - u.a. die Debeka Bausparkasse AG - damit, dass nach Erreichen der Bausparsumme ein Bauspardarlehen nicht mehr beansprucht werden könne und folglich auch ein Verzicht ausgeschlossen sei. Die Höhe des zu gewährenden Bauspardarlehens ergibt sich nämlich stets aus der Differenz zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme. Sind Bausparguthaben und Bausparsumme gleich hoch, kommt die Gewährung eines Bauspardarlehens nicht mehr in Betracht.

 

Bausparern ist daher unbedingt zu raten, den Stand ihres Bausparguthabens im Blick zu behalten und rechtzeitig vor (!) dem endgültigen Erreichen der Bausparsumme den Verzicht auf das zugeteilte Darlehen zu erklären, anstelle weiterzusparen und die Kündigung durch die Bausparkasse wegen Erreichens der Bausparsumme zu riskieren. 

 

Da in den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) mancher Bausparkassen außerdem geregelt ist, dass die Darlehenssumme einen gewissen Mindestbetrag (in der Regel 1.000,- €) nicht unterschreiten darf, ist auch noch darauf zu achten. In einem solchen Fall muss der Verzicht auf das Bauspardarlehen bereits zu einem Zeitpunkt erklärt werden, zu dem nach den ABB eine Darlehensgewährung theoretisch noch möglich ist.


Bausparverträge

Treueprämie bei langjährigen Bausparverträgen gefährdet

Nach neuerer BGH-Rechtsprechung haben Bausparkassen das Recht, einen Bausparvertrag zehn Jahre nach Zuteilungsreife zu kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Bausparern wird daher allgemein geraten, nach Erreichen der Zuteilungsreife ganz normal weiterzusparen und abzuwarten. Wer sich so verhält, riskiert jedoch seine Treueprämie.  

 

Bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall ist beispielsweise beim „Schwäbisch Hall Tarif Fuchs“ Voraussetzung für die Zahlung der versprochenen Treueprämie, dass der Bausparer frühestens nach sieben Jahren Sparzeit den Verzicht auf die Inanspruchnahme des zugeteilten Bauspardarlehens erklärt, die Treueoption wählt und eine Treuezeit von mindestens einem Jahr einhält.

 

Die Bausparkasse Schwäbisch Hall hat nun Bausparverträge, die vor zehn Jahren zuteilungsreif wurden, gekündigt und weigert sich jetzt, die versprochene Treueprämie zu gewähren. Sie vertritt die Auffassung, dass die Treueoption nicht mehr gewählt werden kann, sobald der Bausparvertrag gekündigt wurde. Als Grund gibt sie an, dass die in den Vertragsbedingungen vorgesehene einjährige Wartefrist nicht mehr erreicht wird.  

 

Wurde bei Abschluss des Bausparvertrags die Zahlung einer Treueprämie vereinbart für den Fall, dass der Bausparer auf die Inanspruchnahme des Darlehens verzichtet und eine einjährige Treuezeit eingehalten hat, empfiehlt es sich daher dringend, spätestens vor Ablauf des neunten Jahres nach Zuteilungsreife, die Treueoption auszuüben. 


Immobilien-Darlehensvertrag

BGH eröffnet neue Widerrufsmöglichkeiten bei Immobilien-Darlehensverträgen

Darlehensnehmer, die einen Immobilien-Darlehensvertrag im Zeitraum vom 4.8.2011 bis 13.6.2014

geschlossen haben, können ihren Vertrag widerrufen, wenn die Widerrufsinformation die folgende Formulierung aufweist:

 

„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB ( z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat, aber erst, nachdem der Darlehensgeber seine Pflichten aus § 312 g Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB erfüllt hat

 

Das ist der BGH-Entscheidung vom 4.6.2019, Az. XI ZR 331/17 zu entnehmen. Danach gibt der Hinweis auf die Notwendigkeit der Erfüllung der „Pflichten aus § 312 g Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB“  die Gesetzeslage nur richtig wieder, wenn der Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen wurde. 

 

Ein Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr liegt allerdings nur dann vor, wenn der Vertrag ausschließlich online geschlossen wurde. Das aber trifft auf Immobilien-Darlehensverträge so gut wie nie zu. Auch bei Verträgen, die über das Internet angebahnt werden, verlangt der Darlehensgeber regelmäßig die eigenhändige Unterschrift des Darlehensnehmers.

 

Bei dem der BGH-Entscheidung zugrundeliegenden Fall handelte es sich um einen Immobilien-Darlehensvertrag der Sparda-Bank aus dem Jahr 2012. Die in der Widerrufsbelehrung verwendete fehlerhafte Formulierung findet sich außer bei der Sparda-Bank auch bei anderen Banken, die dem genossenschaftlichen Sektor angehören, wie z.B. der Volks- und Raiffeisenbanken und der PSD-Bank.

 

Immobilien-Darlehensverträge, die in der Zeit zwischen 11.6.2010 und 20.3.2016 abgeschlossen wurden und deren Widerrufsinformation die oben zitierte Passage aufweist, sind demnach auch heute noch widerrufbar.

 

Der Widerruf würde dem Darlehensnehmer die Möglichkeit eröffnen, den Darlehensvertrag rückabzuwickeln und einen neuen Vertrag zu deutlich günstigeren Konditionen abzuschließen.


Schiffsfonds & Windkraftfonds

Viele dieser Fonds haben sich katastrophal entwickelt, mit erheblichen Verlusten für die Anleger.

Ein neues BGH-Urteil eröffnet Möglichkeiten, sich aus dem Investment zu lösen, falls der Anleger nicht darüber aufgeklärt wurde, dass mehr als 15 % des einzubringenden Eigenkapitals in die Kapitalvermittlungskosten fließen. Bezugsgröße ist allein das Beteiligungskapital - ohne das Agio.

 

Da vor allem bei Schiffsfonds sehr hohe Provisionen gezahlt wurden, dürfte die 15-Prozent-Schwelle häufig überschritten worden sein.


Widerruf von Darlehensvertrag: Verträge ab 11.06.2010

Auch in neueren Darlehensverträgen wurde oftmals nicht korrekt belehrt mit der Folge, dass die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat

So etwa dann, wenn gemäß der Widerrufsinformation der Beginn der Widerrufsfrist von der „Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde“ abhängen soll, diese Angabe in den eigentlichen Vertrag aber gar nicht aufgenommen wurde.

 

Fehlerhafte Widerrufsinformationen finden sich vor allem in den Verträgen vieler Sparkassen und Volksbanken, der DSL, der ING-DiBa AG, der BW-Bank und der Hannoverschen Lebensversicherung.


Widerruf und Vorfälligkeitsentschädigung

Soll im Zuge des Verkaufs einer Immobilie das Darlehen vorzeitig zurückgezahlt werden, verlangt die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung.

Es ergibt daher Sinn, die Widerrufsinformation vor Ablösung des Darlehens überprüfen zu lassen und gegebenenfalls den Widerruf zu erklären. Wurde der Vertrag wirksam widerrufen, darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen.


Vorfälligkeitsentschädigung

Anspruch auf Rückerstattung bei Kündigung durch Bank

Wurde der Kredit von der Bank gekündigt, darf die Bank nicht zusätzlich zu den Verzugszinsen noch eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Der Darlehensnehmer kann daher Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verlangen (so BGH,Urteil vom 19.1.2016, XI ZR 103/15).


Vorfälligkeitsentschädigung

Berücksichtigung von Sondertilgungsrechten

Eine Klausel in den Allgemeinen Vertragsbedingungen, wonach im Rahmen einer vorzeitigen Darlehensvollrückzahlung zukünftige Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu berücksichtigen sind, benachteiligen den Darlehensnehmer – so BGH, Urteil vom 19.1.2016, XI ZR 388/14 - unangemessen. Der Darlehensnehmer kann den zu hoch berechneten Betrag zurückverlangen.


Kündigung von Forward-Verträgen

Hat der Darlehensnehmer mit seiner Bank zur Sicherung günstigerer Zinsen vor Ende der Zinsbindungsfrist eine sogenannte "Zins-Prolongation" vereinbart, kann er diesen Vertrag bereits 10 Jahre nach dieser Vereinbarung kündigen.


Rückabwicklung von Versicherungen

Kapitallebensversicherungen, fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen

Für Versicherungsverträge, die zwischen dem 01.01.1995 und dem 31.12.2007 abgeschlossen wurden, schafft die fehlerhafte Belehrung über das Widerspruchsrecht eine Option zur Rückabwicklung.

 

Die Rechtsfolgen des Widerspruchsrechts sind allerdings komplex und im Vorfeld sorgfältig abzuwägen. So hat der BGH in einem Urteil vom 21.März 2018 – IV ZR 353/16 dem Versicherer einer fondsgebundenen Lebensversicherung das Recht zugesprochen, Fondsverluste von Sparanteilen der gezahlten Prämien in Abzug zu bringen.

 

Für Lebensversicherungsverträge ab dem 01.01.2008 gelangt das neue VVG zur Anwendung und sanktioniert Belehrungsfehler, z.B. mit einem Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rückerstattung des Rückkaufswertes, einschließlich etwaiger Überschussanteile zuzüglich der Abschluss- und Vertriebskosten. Weitere Modifikationen sieht der Gesetzgeber vor, sobald Lebensversicherungsverträge im Zusammenhang mit Kreditverträgen abgeschlossen wurden.